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Foto: Blum et al. 1998. Earth, Moon & Planets 80, 285.
Die Wissenschaft:   SPFC Team 1063, Cool Runnings
30. Januar 2005

Im Januar 2005 reichte eine Gruppe Astronomiestudenten der Universität Leiden und der Rijksuniversiteit aus Groningen einen Experimentvorschlag für die 8. Studenten-Parabelflugkampagne (SPFC) der ESA ein. Dies ist der Originalvorschlag, der von den Studenten eingereicht wurde.

Ziele

Unser Ziel ist es, zu analysieren, wie Staub, Eis und eisiger Staub unter Mikrogravitation aneinander haftet (Aggregation). Dies simuliert die protostellaren Regionen, in denen Planetesimale, Kometenkerne und Asteroiden entstehen, am Besten. Die gewonnenen Daten sollen sowohl einen Einblick in die gängigen Aggregationstheorien geben, als auch Informationen über die Anfanngsbedingungen und Hafteigenschaften, welche zur Bildung von Plantensystemen führen, leifern.

Hintergrund

Große Gas- und Staubwolken im interstellaren Medium stellen aktive Sternentstehungsgebiete dar -- der Orionnebel ist ein bekanntes Beispiel. Wenn die Wolken kollabieren, werden in ihrem Zentrum neue (Proto-) Sterne geboren. Eine der wichtigsten Erkenntnisse des vergangenen Jahrzehnts ist, dass die meisten neugeborenen (Proto-) Sterne von einer abgeflachten Scheibe, aus der sich Sterne, Planeten und andere kleine Körper bilden, umgeben werden (Abbildung 1). Dies schließt die Entdeckung von mehr als einhundert extrasolaren Planeten seit 1995 ein.

Abbildung 1: Eigenschaften der protoplanetaren Scheibe bei verschiedenen Radien überlagert mit einem aktuellen Bild. Unser Experiment liefert einen Einblick in die Bedingungen die herrschen, wenn Planeten entstehen. (Foto: Arturo Gomez von CTIO/NOAO, Hubble Heritage Team und NASA).

Bis heute ist die Plantenentstehung nicht vollständig verstanden. Neueste Studien (Blum et al, 2002; Love et al, 2004) haben gezeigt, dass kleine, mikrometergroße Staubpartikel binnen Sekunden zu millimetergroßen Agglomeraten anwachsen können. Dabei emulieren sie, was von den aktuellen Theorien als erste Stufe der Plantenentstehung betrachten wird. Es gibt jedoch schon ein paar experimentelle Daten zur Aggregation von Eis oder eisbedeckten Staubteilchen (Ehrenfreund et al, 2003). Die Agglomerationseigenschaften eisiger Partikel sind unbedingt erforderlich, um die Entstehung von (Proto-) Planeten zu verstehen, da Eise in protostellaren Regionen allgegenwärtig ist. Das beaobachtetet Verhalten der Teilchen, basierend auf der Zusammensetzung der kollidierenden Körner, hat einen direkten Bezug zu protostellaren Regionen bei variierenden radialen und azimuthalen Abständen. Innerhalb der protoplanetaren Scheibe verdampfen die Eise wahrscheinlich in der nahen Umgebung des Protosterns infolge thermischer Desorption. In den entfernteren Bereichen bleiben sie jedoch weit verbreitet und einflussreich.

Vorgehensweise

Üblicherweise werden die meisten Experimente an der Erdobrfläche durchgeführt, sodass gravitative Effekte einschließlich Sedimentation und Konvektion die in protostellarer Materie vorherrschenden Vorgänge überdecken oder dominieren (Blum, 2000). Im interstellaren Raum kolliedieren kleine Staubteilchen zunächst jedoch nur infolge der Brownschen Bewegung, differentieller Driftbewegungen und Gasturbulenzen. Sie agglomerieren auf Grund adhäsiver Oberflächenkräfte wie der van-der-Waals-Kraft und Wasserstoffbrückenbindung (Fraser et al, 2003). Die Untersuchung dieser Effekte ist nur unter Mikrogravitation möglich, da während der Schwerelosigkeit auf der Flugparabel keine Sedimentation auftritt und die Partikelwolke infolge dessen über einen längeren Zeitraum frei schwebend in der Kammer beobachtet werden kann. Dadurch ist es wahrscheinlicher, Aggregation und Agglomeration zu beobachten. Bei gravitativ begrenzten Experimenten, wie erdgebundenen Laborexperimenten, können die Staubproben nicht aggregieren, bevor sie den Boden der Experimentierkammer erreichen. Eine vergrößerung der Fallzeit durch einen aufwärts gerichteten Stickstoff- oder Argongasstrom in der erdgebundenen Kammer ist kruzfristig erfolgreich, bringt jedoch zusätzliche Parameter in das Experiment. Diese Methode ist zwar sehr brauchbar für vorbereitende Tests, aber sie liefert nicht die Umgebungsbedingungen und Einzelheiten der Kräfte, die wir unstersuchen möchten.

Zusätzlich gibt es im vergangenen Jahr durchgeführte Experimente (Love et al, 2004) an Bord der Internationalen Raumstation (ISS), die bereits vorhandene Materialien einsetzten, einschließlich Speisesalz und tragbare Videokameras, um zum ersten Mal zwanglose Aggregationsexperimente in einer ausgedehnten Schwerelosigkeitsphase durchzuführen. Die Ergebnisse bestätigen sichtbare und reproduzierbare Verklumpungen einer dichten Partikelkonzentration bei Normaldruck und Raumtemperatur innerhalb von Sekunden. Diesen anfänglichen Experimenten fehlt es an der Zusammensetztung und dem Vakuumeigenschaften des interstellaren Raumes - welche wir in einer für umfangreiche Untersuchungen gefertigten Kammer erzeugen möcheten - aber sie unterstützen die Weiterführung zusätzlicher genauerer Studien in Mikrogravitationsungebungen.

Erwartete Ergebnisse

Die bisherigen Vorstellungen extraterrestrischer Eise stützen sich auf Vergleich von Daten aus erdgebundenen Laborexperimenten und Beobachtungen entfernter Eise durch Planetenmissionen und Spektroskopie. Daher bleibt die Frage zu klären, ob Eisexperimente (und Eisherstellung) auf der Erde ebenso gute Analoga für unter Weltraumbedingungen gefundene (und produzierte) Eise liefern (Fraser et al., 2003).

Die zwei grundlegenden Prozesse, welche wir in unserer Studie untersuchen möchten, sind Aggregation und Agglomeration. Aggregation ist eine Ansammlung von Partikeln die locker gebunden sind. Im Gegensatz dazu sind Agglomerate durch Oberflächen-Neubildung auf Grund von Schmelz- und Abkühlprozessen bei Einschlägen (Abbildung 2) fester gebunden. Diese Vorgänge unterscheiden sich abhängig von : 1) den Eigenschaften der Kontake zwischen den Partikeln und den Bindungsstärken und 2) der Gesamtoberfläche der kombinierten Struktur im vergleich zur Oberfläche des Systems vor der Kollision. Wie vorherige Studien (Love et al, 2004) bereits gezeigt haben, werden diese Effekte durch eine digitale Bild-für-Bild-Analyse sichtbar. Wir hoffen unter anderem auf schlüssige Ergebnisse aus der Mesuung des Partikelwachstums und der Einschlagparameter (z.B. Geschwindigkeit und Haftwahrscheinlichkeit)

Abbildung 2: Vorhergesagte Aggregat- und Agglomeratstruktur. Strukturanalyse liefert Rückschlüsse uber die beteiligten physikalischen Prozesse, Wachstumszeiten und mögliche theoretische Modelle.

Zur Korrellation dieser Ergebnisse werden wir Vergleiche zu bisherigen experimenten mit Staubproben ziehen. Außerdem werden wir versuchen, ein bisher nicht durchgeführtes Experiment durchzuführen: Wir werden eisbedeckte Staubteilchen (im Flug hergestellt) erzeugen und beobachten. Von diesen Teilchen glaubt man, dass sie gute Repräsentanten für Teilchen in Planetenentstehungsgebieten protoplanetarer Scheiben sein könnten. Dies ist die dritte Phase. Falls unser Experiment erfolgreich ist, werden die gewonnenen Daten und Erbenisse eine der bisher besten Simulationen von Teilchenwachstum in zirkustellaren Regionen liefern.

Literatur
* Blum, Laboratory Experiments on Preplanetary Dust Aggregation; Space Science Reviews 92: 265-278; 2000.
* Blum et al., First Results from the Cosmic Dust Aggregation Experiment CODAG; Adv. Space Res. Vol. 29, No. 4, pp. 497-503; 2002.
* Ehrenfreund et al., Physics and Chemistry of Icy Particles in the Universe: Answers from Microgravity; Planetary and Space Science 51, pp. 473-494; 2003.
* Fraser et al., Physics and Chemistry of Ices in the Universe: Answers from Microgravity; ESA Topical Team report; 2003.
* Love et al., Lunar and Planetary Science XXXV, 2004.